Goldschätzchen, stell Dir doch einmal vor, der Krieg sei aus

Feldpost - Briefe des Soldaten Lothar Gruber
1942-1944

Eine Auswahl in Auszügen
Dritter Jahrgang
März 1944

Regiments Gefechts Stand Sankowa Febuar Maerz 1944
"Regiments Gefechts Stand Sankowa Febuar Maerz 1944"

251.
Osten, 3.März 1944
... Zuerst meinen allerherzlichsten Dank für Deine 3 lieben Briefe u. die zwei Päck­chen, die ich inzwischen erhielt. Ich habe mich ja darüber so sehr gefreut. Es ist al­les gut hier angekommen. ... Ich hätte Dir ja so furchtbar gerne geschrieben, wenn ich doch nur ein wenig Zeit dazu gehabt hätte. ... Dadurch dass wir fast immer un­terwegs sind, kann vorläufig keiner in Urlaub fahren. ...
Mein liebstes Goldschätzchen, heute ist nun leider schon der 5.3. und da will ich rasch Deinen Brief weiterschreiben. Ich wurde vorgestern daran gestört und kam seither nicht mehr dazu. Es kam da ein Melder u. ich musste mich sofort fertig machen. Dann fuhr ich mit einem Auto weg, um eine Kompanie abzuholen und einzuweisen. Davon kam ich leider erst heute Abend zurück.
Mein über alles geliebtes Goldschätzchen, nun will ich Dir gleich mal schrei­ben, was ich immer so mache. Ich bin seit längerer Zeit weg von meiner Komp. und bin jetzt beim Regiment als Führer Reserve. Das ist schon eine ganze Ecke von der H.K.L. weg. Es geht u. gefällt mir hier ganz gut. Das eine Übel ist das viele un­terwegs sein. Mein liebstes Goldschätzchen, in den letzten Wochen haben wir eini­ge Hundert Kilometer hinter uns gebracht und das meisste musste ich gehen. Jetzt liegen wir in einem kleinen Dorf. Es geht hier ganz gut. Schlecht ist es nur mit der Post. Weil wir so weit von der Komp. weg sind, kommt sie sehr schlecht an. ...
Nun muss ich Dir leider etwas trauriges schreiben. Ich habe meine Freia nicht mehr. Da ich so viel unterwegs war, konnte ich sie nicht mitnehmen. Ich hatte sie so lange beim Tross gelassen. Nun sind die aber auch ganz überraschend wegge­kommen und dabei ging sie leider verloren. Ach das ist ja sehr schade, aber es lässt sich nun nichts mehr daran ändern. ....

252.
Osten, Donnerstag den 16. März 1944
Meine herzallerliebste H...!
Nach langer Zeit komme ich heute endlich einmal wieder zum Schreiben. Ach mein über alles geliebtes Goldschätzchen, ich hätte Dir ja so viel zu sagen. Ich weiss gar nicht wo ich anfangen soll. ...
Mein liebstes Goldschätzchen, bis jetzt geht es mir immer noch sehr gut u. das hoffe ich auch von Dir. Ach wenn doch nur nichts passiert ist bei den schreckli­chen Luftangriffen. Meine Gedanken sind ja immer bei Dir. Wie oft wollte ich Dir schreiben, aber ich kam u. kam nicht dazu. In den letzten 8 Tagen war ich immer von früh bis spät mit dem Motorrad unterwegs. Es waren jeden Tag 200-300 Kilo­meter, die ich zurücklegte. Ich musste Verbindungs-Uffz u. Befehlsempfänger u. Übermittler machen. Heute habe ich nun durch eine Reparatur etwa 2 Std. Ruhe. ...
In 3 bis 4 Tagen werde ich wohl wieder an einem festen Ort sein u. dann kann ich Dir wieder öfter schreiben. Nun ist es schon wieder 4 Uhr u. um 1/2 5 Uhr geht es wieder weiter. ich habe heute noch rund 140 Km. vor mir. Da wird es wieder sehr spät, bis ich fertig bin. So will ich nun für heute schliessen. ...

254.
Osten, 23. März 1944
Meine allerliebste H...!
Nun will ich Dir heute Abend noch Deine beiden lieben Briefe beantworten. Wir haben z. Zeit noch Ruhe und liegen hinter der Front in Reserve. Der Tag war heute ausgefüllt mit Waschen, putzen und nähen. Dann habe ich noch ein paar Radios u. Lautsprecher aufgebaut und nun haben wir wieder anständige Musik. Na hoffentlich können wir hier einige Zeit bleiben. Hier lässt es sich ganz gut aushal­ten.
Mein liebstes Goldschätzchen, übermorgen fahren mal wieder zwei Urlauber weg und da gebe ich meine Heiratspapiere mit. Mein Kamerad schickt sie dann als Ein­schreibebrief weg. ...
Ja mein liebstes Goldschätzchen, das war eine schlechte Zeit. Nie hatte ich Zeit zu schreiben u. ich hätte Dir doch zu gerne geschrieben. Wir bekamen ja auch während dieser ganzen Zeit keine Post. Aber nun wird es hoffentlich wieder besser werden. ...
Mein liebstes Goldschätzchen, die einzige Sorge machen mir nur die dauernden Luftangriffe. Ach wenn Du nur da immer alles gut überstehst. Das ist ja zu schreck­lich für euch. Es steht ja in gar keinem Verhältnis zu uns, denn dazu sind wir ja Sol­daten und wir können uns mit der Waffe gegen jeden Angriff wehren. ...

255.
Osten, 27. März 1944
Mein liebstes Goldschätzchen!
Und wieder einmal sind wir auf dem Marsch und ich will eine kurze Pause dazu benützen um Dir einen kleinen Gruss zu senden. Bis jetzt geht es mir noch sehr gut u. ich hoffe, dass das auch bei Dir der Fall ist. Meine liebste H..., den Ein­schreibebrief mit den Heiratspapieren konnte ich leider noch nicht wegschicken, da wir ganz plötzlich wegkamen. Ich habe meinen Kameraden leider vor seiner Ab­fahrt nicht mehr gesehen. ...

256.
Osten, 29. März 1944
Meine über alles geliebte H...!
Heute kann ich Dir mal wieder einen kleinen Gruss senden. Ich sitze gerade hier beim Tross u. habe zu meiner allergrössten Freude 3 liebe Briefe von Dir erhal­ten. ...
Meine liebste H..., Du schreibst in Deinem Brief vom 7.3., ihr würdet es ja doch nicht erfahren, wenn es mir mal schlecht ginge. Ja da hast Du vielleicht nicht ganz unrecht. Warum auch? Ihr macht euch dann unnötige Sorgen u. das ist ja nicht nö­tig. ...

257.
Osten, 31. März 1944
.... Mit Schrecken sah ich, dass bereits in 9 Tagen Ostern ist u. ich habe noch nir­gends hin geschrieben. Das muss ich nun aber schnellstens wenigstens bei Dir u. bei den Eltern noch nachholen. Wirklich vergeht ja die Zeit so furchtbar rasch. Man weiss schon gar nicht mehr den Tag u. das Datum, wenn man es nicht täglich im Kalender anstreicht. Es geht ja wirklich ganz schön drunter und drüber, aber es geht mir trotz allem immer noch sehr gut und ich verliere meinen Humor u. meine gute Stimmung nicht. ...